Wenn Bitcoin zum Rettungsanker wird: Geschichten aus Venezuela
-Wenn Bitcoin zum Rettungsanker wird: Geschichten aus Venezuela
Um zu verstehen, was Bitcoin wirklich bedeuten kann, können wir z.B. nach Venezuela schauen. In den 1970er Jahren war dieses Land das wohlhabendste Südamerikas, gesegnet mit den größten Ölreserven der Welt. Doch heute spielt sich dort eine humanitäre Katastrophe ab, die kaum vorstellbar ist. Der Staat druckte Geld, um seine Defizite zu decken, und zerstörte damit die nationale Währung, den Bolivar. Die Hyperinflation erreichte unfassbare Ausmaße – über eine Million Prozent. Was bedeutet das konkret?
Stellen Sie sich vor, Sie wachen um sechs Uhr morgens auf und rennen zum Lebensmittelgeschäft, weil Ihr Gehalt von 25 Dollar um sieben Uhr auf Ihr Konto kommt. Sie müssen es ausgeben, bevor es an Wert verliert – nicht in Wochen oder Tagen, sondern in Stunden. Eine Tüte Süßigkeiten ist buchstäblich mehr wert als eine Tüte voll Geldscheine, weil die Süßigkeiten ihren Wert behalten können, das Geld aber nicht. Ihre Mutter arbeitet als Krankenschwester in Doppelschichten und verdient weniger als hundert Dollar im Monat. Die Lebensmittelgeschäfte sind leer. Sie kaufen illegal Essen in dunklen Gassen, mit dem Risiko verhaftet zu werden, aber der Hunger Ihrer Familie ist größer als die Angst.

In dieser Verzweiflung wurde Bitcoin für viele Venezolaner zur Lebensader. Eduardo Gomez, ein junger IT-Student, erkannte 2016, dass seine Zukunftsaussichten nach dem Studium katastrophal waren. Ingenieure verdienten kaum mehr als den Mindestlohn von unter 50 Dollar pro Monat. Also begann er, Bitcoin zu minen und Online-Jobs anzunehmen. Das Problem war: Bei der Umwandlung seiner Einnahmen in Bolivar verlor er bis zu 30 Prozent an Gebühren, und er musste Zwischenhändlern vertrauen, die ihn jederzeit betrügen konnten. Bitcoin löste all diese Probleme auf einen Schlag. Er konnte direkt bezahlt werden, ohne Zwischenhändler, ohne Banken, ohne dass die Regierung sein Geld beschlagnahmen oder durch Inflation entwerten konnte. „Das war der Beginn von 2016“, sagt Eduardo. „Es war sehr klar, dass ich die Antwort auf meine Probleme gefunden hatte.“
Für Eduardo und Millionen wie ihn ist Bitcoin kein spekulatives Investment, sondern ein Werkzeug des Überlebens. Es ist die Möglichkeit, am globalen Finanzsystem teilzunehmen, wenn das eigene Land im Chaos versinkt. Es ist Schutz vor einer Regierung, die das Vertrauen ihrer Bürger verraten hat. Es ist die Hoffnung, dass das Geld, das man heute verdient, morgen noch etwas wert ist.



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